What? OK, mal von vorne:
Vor einiger Zeit habe ich einen Entschluss gefasst:
Ich möchte mich nicht mehr so viel ärgern – kostet nur Energie und bringt nichts!
So nach dem Motto:
„Natürlich kannst du dich ärgern, du kannst aber auch Kekse essen.“
Ist übrigens ein Buchtitel (Christine Lewicki).
Habe das Buch noch nicht gelesen, steht aber auf meiner Liste.
„Gut“, denke ich, „kriege ich easy hin! Ich muss es halt einfach lassen!“
Aber, die Verführungen sind groß:
* Ich stehe mal wieder im Stau.
* Ich habe den Pitch für dieses tolle Projekt nicht gewonnen.
* Meine Mitarbeiterin kommt zu einem wichtigen Termin zu spät.
Und dann heute morgen:
* Da ist die übellaunige Bäckereifachverkäuferin, die ihre schlechte Laune an mir auslässt.
Zack, nix mit easy! Nix mit einfach mal lassen.
Ich fange augenblicklich an mich zu ärgern: „Soll sie doch ihre schlechte Laune anders abarbeiten, ich habe ihr doch nichts getan. Menschen wie sie, verderben einem den ganzen Tag. Wo kämen wir denn hin, wenn alle ihre schlechte Laune an andren auslassen. Weiß sie eigentlich nicht, was Dienstleistung bedeutet?„
Ihr merkt: Ich kann mich da immer noch so richtig reindrehen, in den Ärger ;-).
Aber! Bevor aus Ärger Wut wird, greife ich dann doch ein und folge einer inneren Stimme, die da sagt: „Wer weiß, was sie durchmacht, gerade erlebt. Ganz sicher hat sie Sorgen, steht vor schwierigen Entscheidungen.“ UND, ich erinnere mich daran, was mir eine zeitlang in solchen Situationen gut gelungen ist und v.a. gut getan hat: Ich habe den Menschen, über die ich mich geärgert habe, gedanklich „Friede sei mit dir“ gewünscht.
Danke Ärger! Ich habe mich an diese für mich wohltuende Geste erinnert, denn sie reguliert meine Gefühle runter und macht meine Gedanken milder.
Doch die Verführungen hören nicht auf, und es ist tatsächlich schwerer als gedacht, den Ärger loszuwerden.
Wie sagte schon Franz Grillparzer (1791-1872)
„Ach, die Gewohnheit ist ein lästig Ding! Selbst an Verhasstes fesselt sie.“
* Ich will etwas wichtiges ausdrucken, aber es ist kein Papier mehr im Drucker.
* An der anderen Kasse geht es mal wieder schneller.
* Meine Nachbarn grillen und der ganze Qualm zieht in mein Schlafzimmer.
* In der Bahn telefoniert jemand so laut, dass ich jedes Wort verstehen kann, und ich habe meine Kopfhörer vergessen.
Wenn mir in solchen Momenten nicht gelingt, mich an den mitfühlenden Gedanken „Friede sie mit dir.“ zu erinnern, dann vielleicht an ein Mantra, dass mich 3 Jahre lang begleitet hat: „Wer oder was mich ärgern darf, bestimme ich. Und du oder das steht nicht auf der Liste.“
Soll heißen: Kein Mensch kann mich ärgern, ohne dass ich mich ärgern lasse!
–> Ich habe die Wahl: Ärgern, oder Kekse essen!
Das Trainingslager geht weiter:
* Nach dem Computerupdate ist mal wieder alles irgendwie anders.
* Ich habe eine Knolle bekommen, obwohl mein Parkticket doch erst vor 10 Min. abgelaufen ist.
* Ich finde einen Paketabholschein im Briefkasten, obwohl ich den ganzen Tag zu Hause war.
* Die Waschmaschine geht zwei Tage vor dem Urlaub kaputt, obwohl ich noch so einiges zu waschen hätte.
usw., usw., usw.
Und jetzt, nach meinem Vorsatz, mich nicht mehr zu ärgern, ist es schlimmer als vorher.
Denn jetzt spüre ich nicht nur den Ärger. Jetzt rege ich mich auch noch auf, weil ich es nicht schaffe, mich nicht zu ärgern.
„Sich ab und an mal ärgern, ist menschlich und normal.“ beschwichtige ich mich.
„Ja, ja. Wichtig ist aber: ab und an, hin und wieder! Denn vom Ärgern, Fluchen oder Verfluchen wird nichts einfach mal so besser.“ belehre ich mich fast gleichzeitig.
Also, was kann ich tun?
1.
Nicht ärgern, versteht mein Hirn nicht. Das ist wie: „Jetzt nicht an eine lila Kuh denken“.
–> Also nehme ich mir vor, gelassener zu reagieren und das Leben mehr so zu nehmen, wie es ist: immer wieder unvollkommen, ab und an ungerecht und immer wieder Prüfungen für mich bereit haltend.
Wenn ich mich dann doch aufrege, nehme ich mir
2. vor, die Ärgerschleife zu unterbrechen, indem ich mich z.B. frage:
–>„Wie stark ist mein Ärger auf einer Skala von 1 – 10, wenn 10 mega-groß bedeutet?“
Ist der Ärger unter 6: atmen, lächeln, verzeihen (sich selbst und anderen) und loslassen.
Ist der Ärger über 5: atmen, checken, ob ich aktiv etwas tun kann, damit sich der Ärger nicht wiederholt, und das dann auch angehen (Energie wird für eine mögliche Lösung verwendet – das klingt sehr effektiv).
3.
Vor allem aber will ich mich zukünftig bei allen Ärgerlichkeiten > 5 fragen:
–> „Ist das in einem Jahr noch wichtig für mich?“
Und wisst ihr was?
Diese Frage ist grandios. Ein echter Ärgerkiller!
Ich spüre jetzt schon, wieviel gelassener ich in Zukunft sein werde … wunderbar :-).
Hier noch eine Erkenntnis, die Buddha uns hinterlassen haben soll:
„An seinem Ärger festzuhalten ist genauso wie eine glühende Kohle in die Hand zu nehmen, um sie nach jemandem zu werfen; du bist derjenige, der sich verbrennt.“
Ich hoffe, meine Gedanken helfen dir!?
Falls nicht: Bitte nicht ärgern, lieber Kekse essen!
Wie immer freue mich mich auf deine Rückmeldungen, Geschichten und Fragen.
Alles Liebe
Heike