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Selten war ich so gelassen auf der A57 unterwegs.

Oder: Die erstaunliche Kraft des Reframings.

Das Zitat von Konfuzius ist das perfekte Beispiel für ein Reframing.(*) 

Gerade wenn wir gefrustet sind und feststecken, verengt sich der Blick und wir fokussieren uns auf das, was schwer ist und nicht funktioniert. Wir werten ab (uns und andere), verallgemeinern, ärgern uns (über uns und andere) … nur ändern, ändern tut sich nichts. 

Da hilft eine Irritation, eine Unterbrechung – ein gutes Reframing. 


Was ist ein Reframing?

Mit Hilfe eines Reframings können wir belastende Gedanken umdeuten und Situationen aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Oder wir geben ihnen einen anderen Bezugsrahmen, setzen die Situation in einen anderen Kontext.
 

Ja, stimmt. Ein Reframing löst das Problem nicht.
Aber es öffnet unseren Blick, löst gedankliche Blockaden, weitet unseren Geist, kann unsere Einstellung zum Problem verändern oder uns helfen, uns mit einer Situation zu versöhnen. 


Woran erkennst du, dass ein Reframing funktioniert hat?

Ein gutes Reframing erkennst du daran, dass es so etwas wie einen Überraschungseffekt gibt – eine Irritation oder ein kurzes Staunen – ein Lächeln oder eine veränderte Körperhaltung.


Viele Fabeln sind Reframings
.
Hier ein Beispiel:
Ein reicher chinesischer Bauer hatte zwei Söhne, eine positive Lebenseinstellung – und viele rassige Pferde. Der älteste Sohn, ein guter Reiter, ritt den soeben erst gefangenen, noch ungezähmten Hengst. Dem ungestümen Tier war er jedoch trotz seiner Künste nicht gewachsen. Er fiel vom Pferd und brach sich ein Bein. Vor Schmerzen schreiend beklagte er sich laut über sein Unglück. Sein Vater erwiderte: „Wer weiss, wozu das gut ist.“ Der Sohn schüttelte ob dieser queren Sichtweise nur den Kopf. „Wofür soll das schon gut sein, wenn ich leide“, dachte er sich. Am nächsten Tag jedoch kamen die Soldaten. Sie wollten die Söhne des Bauers für den blutigen Krieg rekrutieren, der schon vielen Eltern ihre Söhne genommen hatte. Der Sohn aber, der das Bein gebrochen hatte, war nicht von Nutzen für den Krieg. Er durfte zuhause auf dem Hof der Eltern bleiben. „Wie gut, dass ich mir gestern das Bein gebrochen habe“ sagte er sich, versöhnt mit seinem vermeintlichen Unglück.

Diese Fabel ist ein s.g. Kontextreframing.
Sie nutze ich sehr gerne und sie wirken immer.
Als meine Coachingklientin Merrit zum wiederholten Male mit finsterer Miene über sich sagte: „Ach, ich bin einfach zu stur und starrköpfig.“, fragte ich sie: „In welcher Situation war es denn schon mal hilfreich, dass du so unbeugsam und hartnäckig warst?“ Merrit dachte nach und lächelte dann: „Na ja, dank meiner Hartnäckigkeit kann ich mich in Projekten ganz gut durchsetzen. Und die letzte Gehaltserhöhung habe ich auch nur bekommen, weil ich sehr unbeirrt immer wieder darüber gesprochen habe.“ 

Mir hilft gerade ein Bedeutungsreframing.
Meine Mutter ist z.Z. krank. Da ich mit der Deutschen Bahn ewig lange unterwegs wäre, verbringe ich gerade recht viel Zeit im Auto. Die meiste Zeit ist die Autobahn zwei-spurig, sodass ich immer wieder auf die linke Spur wechseln muss, um z.B. LKWs zu überholen. Das stört den einen oder anderen Linksfahrer*in, so dass ich doch recht häufig aufflackernde Scheinwerfer im Rückspiegel sehe und immer wieder auch einen ausgestreckten Mittelfinger. Nachdem ich mich erst darüber geärgert habe, habe ich mich dann entschieden, sie als eine Art Gruß umzudeuten und es zu genießen. Als Dank sage ich dann: „Friede sei mit dir.“ – Und, was soll ich sagen: Selten war ich so gelassen auf der A57 unterwegs.

Aber es geht auch eine Nummer kleiner, große Wirkung dennoch inklusive!
In vielen Fällen kann das unscheinbare Wörtchen „noch“ eine sehr wirkungsvolle Bedeutungsveränderung bewirken. Wenn du z.B. von dir denkst: „Ich kann das nicht!“ und dich das ärgert, dann füge doch mal das Wort „noch“ in diesen Satz ein: „Ich kann das noch nicht!“ Spürst du, wie sehr sich der Satz und v.a. die Wirkung verändert? Dein Hirn fängt z.B. an zu sammeln, was du noch lernen oder üben darfst, damit es dir gelingt.

Was auch gut funktioniert –> stelle dir paradoxe Fragen.
„Das macht alles keinen Sinn. Wir haben zu viele Probleme.“
„OK. Hmmm, wozu könnten die Problem denn gut sein?“ 

Hier noch zum Abschluss eine nette Anekdote zum Thema Reframing.
„Ein Mann wacht nachts immer wieder auf, weil sich das scharfe Ende einer rostigen Sprungfeder seiner alten Matratze in seinen Rücken bohrt. Welchen möglichen Nutzen könnte eine alte Matratzenfeder haben, ausser dem, ihn des Schlafes zu berauben? Er deutete sie in einen stilvollen Eierbecher um und gründete auf der Grundlage dieser Idee eine erfolgreiche Firma.“


Hilft dir die Idee des Reframings?

Merkst du vielleicht gerade, dass du sie bei andern schon nutzt? Vielleicht macht es ja Sinn, sie auch für dich zu nutzen – im Selbstcoaching.


Wie immer freue mich mich auf deine Rückmeldungen, Geschichten und Fragen.

Alles Liebe
Heike

 

 

 

(*) und zeigt, dass der Perspektivwechsel nichts Neues ist.